35.1 Ratio-Analyse: Liquidität, Solvenz, Rentabilität, Effizienz
Überblick
Die Ratio-Analyse verwendet Finanzkennzahlen zur Bewertung der Unternehmensleistung. Kennzahlen werden aus Jahresabschlussdaten berechnet und liefern Einblicke in Liquidität, Solvenz, Rentabilität und Effizienz. Das Verstehen der Ratio-Analyse ist für die Bewertung der Unternehmensleistung wesentlich.
Liquiditätskennzahlen
Liquiditätsgrad 3
Liquiditätsgrad 3 = Umlaufvermögen ÷ Kurzfristige Verbindlichkeiten
Zweck: Misst Fähigkeit, kurzfristige Verpflichtungen zu zahlen
Interpretation:
- > 1,0: Allgemein gut (kann kurzfristige Verpflichtungen zahlen)
- < 1,0: Kann Liquiditätsprobleme haben
- Zu hoch: Kann ineffiziente Vermögensnutzung anzeigen
Beispiel:
- Umlaufvermögen: €50.000
- Kurzfristige Verbindlichkeiten: €30.000
- Liquiditätsgrad 3: €50.000 ÷ €30.000 = 1,67 ✅
Liquiditätsgrad 2 (Acid-Test-Ratio)
Liquiditätsgrad 2 = (Umlaufvermögen - Vorräte) ÷ Kurzfristige Verbindlichkeiten
Zweck: Misst Fähigkeit, kurzfristige Verpflichtungen ohne Verkauf von Vorräten zu zahlen
Interpretation:
- > 1,0: Gute Liquidität ohne Vorräte
- < 1,0: Kann von Vorratsverkäufen abhängen
- Konservativer als Liquiditätsgrad 3
Beispiel:
- Umlaufvermögen: €50.000
- Vorräte: €20.000
- Kurzfristige Verbindlichkeiten: €30.000
- Liquiditätsgrad 2: (€50.000 - €20.000) ÷ €30.000 = 1,0 ✅
Solvenzkennzahlen
Verschuldungsgrad
Verschuldungsgrad = Gesamtverschuldung ÷ Gesamteigenkapital
Zweck: Misst finanzielle Hebelwirkung und Risiko
Interpretation:
- Niedriger: Geringeres finanzielles Risiko
- Höher: Höheres finanzielles Risiko, mehr Hebelwirkung
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Gesamtverschuldung: €100.000
- Gesamteigenkapital: €150.000
- Verschuldungsgrad: €100.000 ÷ €150.000 = 0,67
Verschuldungsquote
Verschuldungsquote = Gesamtverschuldung ÷ Gesamtvermögen
Zweck: Misst Anteil der durch Verschuldung finanzierten Vermögenswerte
Interpretation:
- Niedriger: Weniger Verschuldung, mehr Eigenkapital
- Höher: Mehr Verschuldung, weniger Eigenkapital
- < 0,5: Allgemein als gut angesehen
Beispiel:
- Gesamtverschuldung: €100.000
- Gesamtvermögen: €250.000
- Verschuldungsquote: €100.000 ÷ €250.000 = 0,40 (40%)
Rentabilitätskennzahlen
Bruttomarge
Bruttomarge = (Umsatz - Wareneinsatz) ÷ Umsatz
Zweck: Misst Rentabilität nach direkten Kosten
Interpretation:
- Höher: Bessere Rentabilität bei Verkäufen
- Niedriger: Geringere Rentabilität, kann Preis- oder Kostenkontrolle erfordern
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Umsatz: €200.000
- Wareneinsatz: €120.000
- Bruttomarge: (€200.000 - €120.000) ÷ €200.000 = 40%
Nettomarge
Nettomarge = Nettoeinkommen ÷ Umsatz
Zweck: Misst Gesamtrentabilität
Interpretation:
- Höher: Bessere Gesamtrentabilität
- Niedriger: Geringere Rentabilität, kann Kostenkontrolle erfordern
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Nettoeinkommen: €20.000
- Umsatz: €200.000
- Nettomarge: €20.000 ÷ €200.000 = 10%
Return on Assets (ROA)
ROA = Nettoeinkommen ÷ Durchschnittliches Gesamtvermögen
Zweck: Misst Effizienz der Vermögensnutzung
Interpretation:
- Höher: Effizientere Vermögensnutzung
- Niedriger: Weniger effiziente Vermögensnutzung
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Nettoeinkommen: €20.000
- Durchschnittliches Gesamtvermögen: €250.000
- ROA: €20.000 ÷ €250.000 = 8%
Return on Equity (ROE)
ROE = Nettoeinkommen ÷ Durchschnittliches Eigenkapital
Zweck: Misst Rendite für Eigentümer
Interpretation:
- Höher: Bessere Rendite für Eigentümer
- Niedriger: Geringere Rendite für Eigentümer
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Nettoeinkommen: €20.000
- Durchschnittliches Eigenkapital: €150.000
- ROE: €20.000 ÷ €150.000 = 13,3%
Effizienzkennzahlen
Lagerumschlag
Lagerumschlag = Wareneinsatz ÷ Durchschnittliche Vorräte
Zweck: Misst, wie schnell Vorräte verkauft werden
Interpretation:
- Höher: Schnellerer Lagerumschlag
- Niedriger: Langsamerer Lagerumschlag, kann Überbestände anzeigen
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Wareneinsatz: €120.000
- Durchschnittliche Vorräte: €20.000
- Lagerumschlag: €120.000 ÷ €20.000 = 6 mal pro Jahr
Forderungsumschlag
Forderungsumschlag = Umsatz ÷ Durchschnittliche Forderungen
Zweck: Misst, wie schnell Forderungen eingezogen werden
Interpretation:
- Höher: Schnellerer Einzug
- Niedriger: Langsamerer Einzug, kann Einzugsprobleme anzeigen
- Branchenabhängig
Beispiel:
- Umsatz: €200.000
- Durchschnittliche Forderungen: €25.000
- Forderungsumschlag: €200.000 ÷ €25.000 = 8 mal pro Jahr
Verbindlichkeitenumschlag
Verbindlichkeitenumschlag = Wareneinsatz ÷ Durchschnittliche Verbindlichkeiten
Zweck: Misst, wie schnell Verbindlichkeiten gezahlt werden
Interpretation:
- Höher: Schnellere Zahlung an Lieferanten
- Niedriger: Langsamere Zahlung an Lieferanten, kann Cashflow-Probleme anzeigen
- Branchenabhängig
Luxemburg Compliance-Hinweis
Wichtige Überlegungen:
- PCN-basierte Kennzahlen: Kennzahlen aus PCN-konformen Abschlüssen berechnet
- Branchenbenchmarks: Vergleich mit luxemburgischen Branchenbenchmarks
- Sektorspezifisch: Kennzahlen variieren nach Sektor
- Trendanalyse: Trends über Zeit analysieren
- Vergleichsanalyse: Vergleich mit Branche und Wettbewerbern