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30.2 Jahresabschlüsse: Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhänge

Überblick

Jahresabschlüsse (comptes annuels) in Luxemburg bestehen aus drei obligatorischen Bestandteilen, die eine integrierte Einheit bilden. Diese Bestandteile müssen nach LUX GAAP-Grundsätzen erstellt und in einem standardisierten Format präsentiert werden.

Bestandteile der Jahresabschlüsse

Gemäß Artikel 26(1) des Rechnungslegungsgesetzes umfassen Jahresabschlüsse:

  1. Bilanz (Bilan)
  2. Gewinn- und Verlustrechnung (Compte de profits et pertes)
  3. Anhänge (Annexe)

Diese drei Dokumente bilden eine integrierte Einheit und müssen miteinander konsistent sein.

Optionale zusätzliche Abschlüsse

Unternehmen können auch enthalten:

  • Kapitalflussrechnung (Tableau des flux de trésorerie)
  • Eigenkapitalveränderungsrechnung (État de variation des capitaux propres)

Allgemeine Darstellungsgrundsätze

Klarheit und Compliance

Artikel 26(2): Jahresabschlüsse müssen mit Klarheit und in Übereinstimmung mit den Bestimmungen von Kapitel II des Rechnungslegungsgesetzes erstellt werden.

Bildtreue (Image Fidèle)

Artikel 26(3): Jahresabschlüsse müssen ein getreues Bild (image fidèle) vermitteln von:

  • Dem Vermögen des Unternehmens (patrimoine)
  • Der Finanzlage (situation financière)
  • Den Ergebnissen (résultats)

Artikel 26(4): Wenn die Anwendung der Gesetzesbestimmungen nicht ausreicht, um ein getreues Bild zu vermitteln, müssen zusätzliche Informationen bereitgestellt werden.

Artikel 26(5): In außergewöhnlichen Fällen, wenn die Anwendung einer Bestimmung dem getreuen Bild widersprechen würde, kann das Unternehmen von dieser Bestimmung abweichen, vorausgesetzt es:

  • Begründet die Abweichung in den Anhängen
  • Gibt die Auswirkungen auf Vermögen, Finanzlage und Ergebnisse an

Wesentlichkeit über Form

Artikel 29(3): Die Darstellung von Beträgen in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung kann sich auf die Wesentlichkeit der erfassten Transaktion oder des Vertrags beziehen, anstatt auf ihre rechtliche Form.

Hinweis

Seit dem Gesetz vom 30. Juli 2013 ist das Prinzip der Wesentlichkeit über Form optional statt obligatorisch geworden, während weiterhin ein getreues Bild erforderlich ist.

Keine Verrechnung

Artikel 33: Die Verrechnung zwischen Aktiv- und Passivposten oder zwischen Aufwands- und Ertragsposten ist verboten, außer wenn ein Verrechnungsrecht nach dem Gesetz besteht.

Vergleichszahlen

Artikel 29(2): Jeder Posten in Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung muss die entsprechende Zahl aus dem Vorjahr (N-1) zeigen.

Wenn die Vergleichbarkeit beeinträchtigt ist, muss dies:

  • In den Anhängen signalisiert werden
  • Angemessen kommentiert werden
  • Angepasst werden, falls erforderlich, um Vergleichbarkeit sicherzustellen

Artikel 28: Um Vergleichbarkeit über die Zeit sicherzustellen, kann die Struktur von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nicht von einem Jahr zum anderen geändert werden, insbesondere hinsichtlich der Darstellungsform.

Bilanz

Struktur

Die Bilanz folgt einem standardisierten Format, wie in Artikel 34 des Rechnungslegungsgesetzes definiert.

Aktivseite

A. Gezeichnetes, aber nicht eingezahltes Kapital

  • I. Gezeichnetes, aber nicht aufgerufenes Kapital
  • II. Gezeichnetes, aufgerufenes, aber nicht eingezahltes Kapital

B. Gründungskosten (Frais d'établissement)

C. Anlagevermögen (Actif immobilisé)

  • I. Immaterielle Anlagegüter (Immobilisations incorporelles)
    • Forschungs- und Entwicklungskosten
    • Konzessionen, Patente, Lizenzen, Marken
    • Geschäftswert (Fonds de commerce)
    • Gezahlte Anzahlungen und immaterielle Anlagegüter in Arbeit
  • II. Sachanlagen (Immobilisations corporelles)
    • Grund und Boden sowie Gebäude
    • Technische Anlagen und Maschinen
    • Andere Anlagen, Ausrüstung und Mobiliar
    • Gezahlte Anzahlungen und Sachanlagen in Arbeit
  • III. Finanzanlagen (Immobilisations financières)
    • Beteiligungen an verbundenen Unternehmen
    • Forderungen gegenüber verbundenen Unternehmen
    • Beteiligungen an assoziierten Unternehmen
    • Forderungen gegenüber assoziierten Unternehmen
    • Wertpapiere und andere Finanzinstrumente
    • Langfristige Kredite und Forderungen
    • Eigene Aktien

D. Umlaufvermögen (Actif circulant)

  • I. Vorräte (Stocks)
    • Rohstoffe und Verbrauchsmaterialien
    • Unfertige Erzeugnisse
    • Fertige Erzeugnisse und Waren
    • Gezahlte Anzahlungen
  • II. Forderungen (Créances)
    • Handelsforderungen
    • Sonstige Forderungen
    • Rechnungsabgrenzungsposten und noch nicht erhaltene Erträge
  • III. Wertpapiere (Valeurs mobilières de placement)
  • IV. Kassenbestand und Bankguthaben (Avoirs en banques, comptes de chèques postaux, chèques et encaisse)

E. Rechnungsabgrenzungsposten

Passivseite

A. Kapital und Rücklagen

  • I. Gezeichnetes Kapital oder Dotierung
  • II. Agio
  • III. Rücklagen
  • IV. Neubewertungsrücklagen
  • V. Gewinn oder Verlust des Geschäftsjahres
  • VI. Gewinn oder Verlustvortrag
  • VII. Vorschüsse auf Dividenden

B. Rückstellungen (Provisions)

  • I. Rückstellungen für Risiken und Aufwendungen
  • II. Steuerrückstellungen
  • III. Sonstige Rückstellungen

C. Finanzverbindlichkeiten (Dettes financières)

  • I. Langfristige Finanzverbindlichkeiten
  • II. Kurzfristiger Teil langfristiger Verbindlichkeiten
  • III. Kurzfristige Finanzverbindlichkeiten

D. Verbindlichkeiten (Dettes)

  • I. Handelsverbindlichkeiten
  • II. Sonstige Verbindlichkeiten
  • III. Rechnungsabgrenzungsposten

E. Rechnungsabgrenzungsposten

Verkürzte Bilanz

Artikel 35: Kleine Unternehmen können eine verkürzte Bilanz erstellen, die nur zeigt:

  • Posten, denen Großbuchstaben und römische Ziffern vorausgehen (A, B, C, D, E, I, II, III, etc.)
  • Separate Erwähnung von Forderungen und Verbindlichkeiten mit Restlaufzeit > 1 Jahr
  • Globale Darstellung für jeden relevanten Posten

Ausnahme: Nicht erlaubt für Unternehmen mit Wertpapieren, die an einem geregelten EU-Markt gehandelt werden.

Gewinn- und Verlustrechnung

Struktur

Die Gewinn- und Verlustrechnung folgt einem standardisierten Format, wie in Artikel 46 des Rechnungslegungsgesetzes definiert.

Betriebsbereich

A. Betriebsergebnis (Produits d'exploitation)

  • Nettoumsatz
  • Veränderung der fertigen Erzeugnisse und unfertigen Erzeugnisse
  • Aktivierte Produktion
  • Sonstige betriebliche Erträge

B. Betriebsaufwendungen (Charges d'exploitation)

  • Rohstoffe und Verbrauchsmaterialien
  • Sonstige externe Aufwendungen
  • Personalaufwendungen
  • Abschreibungen und Rückstellungen
  • Sonstige betriebliche Aufwendungen

C. Betriebsergebnis (Résultat d'exploitation) = A - B

Finanzbereich

D. Finanzergebnis (Produits financiers)

  • Erträge aus Wertpapieren
  • Sonstige Finanzergebnisse

E. Finanzaufwendungen (Charges financières)

  • Zinsen und ähnliche Aufwendungen
  • Sonstige Finanzaufwendungen

F. Finanzergebnis (Résultat financier) = D - E

Außerordentlicher Bereich

G. Außerordentliche Erträge (Produits exceptionnels)

H. Außerordentliche Aufwendungen (Charges exceptionnelles)

I. Außerordentliches Ergebnis (Résultat exceptionnel) = G - H

Ergebnis vor Steuern

J. Ergebnis vor Steuern (Résultat avant impôts) = C + F + I

Steuerbereich

K. Steuern (Impôts)

  • Körperschaftsteuer
  • Sonstige Steuern

Nettoergebnis

L. Ergebnis des Geschäftsjahres (Résultat de l'exercice) = J - K

Verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung

Artikel 47: Mittlere Unternehmen können eine verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung erstellen, die bestimmte Posten kombiniert, vorausgesetzt, die Anhänge liefern die notwendigen Details.

Anhänge

Die Anhänge sind ein integraler Bestandteil der Jahresabschlüsse und müssen bereitstellen:

Obligatorische Informationen

  1. Rechnungslegungsrichtlinien: Angewandte Methoden und Grundsätze
  2. Detaillierte Aufschlüsselungen: Von Bilanz- und Gewinn- und Verlustrechnungsposten
  3. Eventualverbindlichkeiten: Verpflichtungen, die nicht in der Bilanz gezeigt werden
  4. Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen: Transaktionen mit verbundenen Unternehmen
  5. Ereignisse nach Bilanzstichtag: Bedeutende Ereignisse, die nach Jahresende auftreten
  6. Segmentinformationen: Falls zutreffend
  7. Mitarbeiterinformationen: Durchschnittliche Anzahl von Mitarbeitern nach Kategorie
  8. Managementvergütung: Für große Unternehmen
  9. Prüfungsinformationen: Honorare und Dienstleistungen des Prüfers

Ausnahmen für kleine Unternehmen

Kleine Unternehmen können verkürzte Anhänge mit weniger Details bereitstellen, wobei der Fokus auf wesentlichen Informationen liegt.

Darstellungswährung

Allgemeine Regel: Jahresabschlüsse werden in der Währung des Grundkapitals erstellt.

Ausnahme: Unternehmen können Abschlüsse in einer anderen Währung erstellen (z.B. Berichtswährung der Gruppe), vorausgesetzt, dies ist klar angegeben.

Luxemburg Compliance-Hinweis

Alle Jahresabschlüsse müssen:

  1. Dem standardisierten Format folgen (Artikel 34 für Bilanz, Artikel 46 für Gewinn- und Verlustrechnung)
  2. Vergleichszahlen enthalten (N-1)
  3. Angemessene Anhänge für das Verständnis bereitstellen
  4. Gemäß LUX GAAP erstellt werden
  5. Ein getreues Bild vermitteln
  6. Elektronisch im eCDF-Format eingereicht werden